Abschlussveranstaltung des diesjährigen Planspiels MedTech Start-up

Am 16. Juli fand die Abschlussveranstaltung des diesjährigen Planspiels „MedTech Start-up“ statt. Dabei stellten sich die Studierenden nach Präsentation ihres finalen Produktkonzeptes dem Feedback der externen Fachjury sowie der teilnehmenden Unternehmensvertreter*innen. In diesem Jahr entwickelten alle Teams gemeinsam ein innovatives Medizinprodukt, das Patient*innen bei Self-Care-Prozessen im häuslichen Umfeld unterstützen soll: ein Home Kit zur nicht-invasiven Glukosemessung.

Bei der Abschlussveranstaltung zum „Großen Businessplan“ am 16. Juli standen den Studierenden insgesamt vierzig Minuten Zeit zur Verfügung, um ihr finales Produktkonzept ausführlich vorzustellen. Erste Ergebnisse aus der Gruppenarbeit waren bereits am 4. Juni im Rahmen des „Kleinen Businessplans“ präsentiert worden. Die weitere Arbeitsphase diente dazu, das Konzept auf Basis des erhaltenen Feedbacks von Dozenten und Vertreter*innen der Unternehmen weiter zu schärfen sowie einen konkreten Finanzplan zu integrieren, der aufzeigen soll, wie sich aus der Idee tatsächlich ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln ließe.

Team 6 – Marktanalyse und Kompilat führte maßgeblich durch die Präsentation. Vortragende aus den anderen fünf Teams übernahmen die Darstellung der Details zu technischer Umsetzung, Datenanalyse, App-Design, Nutzerakzeptanz und Ethik. Zunächst stellten die Teams vor, welche Vorteile eine nicht-invasive Messmethode, die für den alltäglichen Gebrauch geeignet ist, für Patient*innen mit Diabetes mellitus II, aber auch für andere Anspruchsgruppen wie medizinisches oder pflegerisches Personal, mit sich bringen würde. Darauf folgte die Vorstellung des konkreten Produkts, einer Glukosemessuhr für das Handgelenk in Verbindung mit einer App zur Datenauswertung und -übertragung, sowie die Darstellung der Marketing- und Preisstrategie auf Basis der zugrundeliegenden Gesamtkostenplanung. Die Teams präsentierten eine erste Demo-App und erläuterten, welche Daten für welche Anspruchsgruppe relevant und zugänglich sein sollten. So könnten die Nutzer*innen-Daten beispielsweise auch der Forschung zugänglich gemacht werden, jedoch nur in aggregierter, anonymisierter Form. Auch medizinethische Aspekte und rechtliche Anforderungen wurden berücksichtigt. Abschließend stellten die Studierenden die Marktsituation sowie aktuell erhältliche Konkurrenzprodukte dar und erläuterten mittels einer SWOT-Analyse die Stärken, Schwächen, Herausforderungen und Chancen der eigenen Produktinnovation.

Feedbackrunde mit Fachjury und Vertreter*innen der Unternehmen
Für die Abschlussveranstaltung wurde auch in diesem Jahr eine externe Jury eingeladen, um das vorgestellte Produktkonzept zu bewerten. Als Experte im Bereich Medizintechnik nahm der emeritierte Professor Dr. rer. nat. Rainer Brück teil, der bis Anfang 2024 den Lehrstuhl für Medizinische Informatik und Mikrosystementwurf an der Universität Siegen innehatte. Er freute sich, den Studierenden in seiner neuen Rolle als externes Jury-Mitglied wertvolle Impulse insbesondere für die technische Planung mitzugeben. Er lobte das Gesamtkonzept  der Teams sehr, da die Idee einer nicht-invasiven Messmethode einen großen Mehrwert für Diabetes-Patient*innen darstelle. Allerdings dürfe die Entwicklung eines neuen Infrarotsensors in seiner Komplexität nicht unterschätzt werden, so Prof. Brück. Als weiteres Jurymitglied brachte Luca Eggert als Beteiligungsmanager beim Siegerlandfonds seine Expertise im Bereich Unternehmensbeteiligung und Finanzierung ein und teilte seine Einschätzung zum Produktkonzept aus Investorensicht: „Der aktuelle Stand entfacht auf jeden Fall Interesse, darauf kann man aufbauen. Die Erlösquelle müsste beispielsweise noch besser herausgestellt werden.“ Die Jury wurde komplettiert von Yasin Demir, der nach erfolgreichem Studienabschluss an der Universität Siegen bereits ein eigenes Unternehmen gegründet und die App GreenDeal entwickelt hat. Somit konnte er seine persönliche Erfahrung als Gründer miteinbringen: „Gründung ist wie eine Reise – nach der ersten Etappe hat man meistens noch nicht das finale Produkt, das entwickelt sich mit der Zeit noch viel weiter. Und hier ist in unfassbar kurzer Zeit schon etwas richtig gutes entstanden“. Insgesamt zeigte sich die Jury von der Produktidee begeistert und machte zugleich deutlich, an welchen Stellen das Konzept weiter ausgereift werden sollte, um ein wirklich tragfähiges Geschäftsmodell aufzustellen.

Auch die Vertreter*innen der beteiligten Unternehmen und Institutionen, die die Teams über die letzten Monate begleitet hatten, gaben den Studierenden wertvolles Feedback zur Ihrer Produktinnovation mit. David Löher, Geschäftsführer der Heuel & Löher GmbH & Co. KG, lobte die konzeptuellen Weiterentwicklungen im Vergleich zur ersten Vorstellung im Juni. Er riet den Studierenden, insbesondere die Herstellungskosten nicht zu unterschätzen und die Entwicklung sowie Produktion von Komponenten nicht zu knapp zu kalkulieren. Auch Fragen der Alltagstauglichkeit wie zum Beispiel die Batteriekapazität und -aufladung seien elementar für den Erfolg. Dr. Rainer Feinen, Vice President eHealth und Standortleiter Köln der Materna Information & Communications SE, verwies darauf, dass eine medizinische Zertifizierung unerlässlich sei, sofern mit den Krankenkassen abgerechnet werden solle. Die Zertifizierungsprozesse gestalteten sich oft langwierig und kostenintensiv – dies müsse unbedingt auch in der Finanzplanung berücksichtigt werden. Dies bestätigte auch Sonja Laag, Leiterin Versorgungsprogramme bei der BARMER Krankenkasse. Da Verhandlungen mit Krankenkassen im Regelfall lange dauerten, sollten Produktanbieter möglichst schon im Entwicklungsprozess in den Dialog gehen und mit den Krankenkassen zusammenarbeiten. Auch Laura Ihrlich, Digital Transformation Managerin bei der Lohmann und Rauscher GmbH & Co. KG, lobte die Studierenden für ihren Pitch und die erkennbaren Fortschritte im Vergleich zur Präsentation des kleinen Businessplans: „Das war heute qualitativ sehr gut! Wir haben hier eine wirkliche Innovation!“. Felix Krähling vom Gesundheitsamt des Kreises Siegen-Wittgenstein zeigte sich von der Präsentation ebenfalls beeindruckt. Als ausbaufähig empfand er die Zielgruppenanalyse und die Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen – hier sei ein Blick über Deutschlands Grenzen hinweg für den europäischen Markt ein guter nächster Schritt. Dr. Birthe-Marie Mosen vom Entrepreneurship Center der Universität Siegen würdigte, wie intensiv insbesondere Team 6 in der Schlussphase eingebunden war, um die Ergebnisse der anderen Teams zusammenzutragen und in der Präsentation zu vereinen: „Großen Respekt an Sie, das war viel Arbeit. So eine Produktentwicklung ist hiermit nicht beendet, das ist ein andauernder Prozess – der Weg ist das Ziel!“

Abschließend lobte Prof. Brück die Studierendenteams für die gelungene Produktpräsentation und betonte, dass auch kritische Rückfragen durchaus konstruktiv aufgefasst werden sollten. Sie seien Ausdruck dafür, dass die Ergebnisse des Planspiels vertiefende Überlegungen und Diskussionen zu dem Thema erst möglich machten: „Ihr Arbeitsprozess hat etwas Großartiges gezeigt: Sie haben sich dem Thema aus verschiedenen Perspektiven genähert und spannende Fragestellungen aufgeworfen. Vielleicht kann bestehende Sensormethodik modifiziert werden, um daraus die benötigte Information zu bekommen. Vielleicht kann es gelingen, mit vorhandener Technik eine Blutzuckermessung für eine Smartwatch umzusetzen, damit niemand eine zweite Uhr tragen muss. Diese Diskussionen in Gang zu setzen und auch mich noch zu inspirieren, was alles möglich ist – das ist Ihnen mit Ihrer Arbeit gelungen. Das ist ein grandioses Ergebnis des Seminars.“ Auch Dr. Olaf Gaus stimmte dem Feedback von Prof. Brück zu und dankte im Namen des Dozenten- und Organisationsteams allen Unterstützer*innen und Teilnehmer*innen des diesjährigen Planspiels.

Mehr Informationen zum Planspiel als innovatives Lehrkonzept
Das Planspiel ist Teil des Moduls „Medizintechnik“ im Bachelor-Studiengang „Digital Biomedical and Health Sciences“ der Universität Siegen. Die Veranstaltung „MedTech Start-up“ fand bereits zum vierten Mal statt und hat sich als erfolgreiches, interaktives Lehrformat etabliert, um Studierende bereits früh im Studium an die Themen Innovation und Gründung eines Start-ups heranzuführen sowie Kompetenzen in den Bereichen Selbstorganisation, interdisziplinäres Denken und Teamarbeit zu vermitteln. Mehr zu den Produktkonzepten der Studierenden-Teams aus den letzten Jahren finden Sie hier: Planspiel 2024 | Planspiel 2023 | Planspiel 2022

Vorherige Meldung
Gesundheitspolitische Gespräche: Folge 33 mit Dr. med. Erik Becker

Neueste Meldungen